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Prozessrisiko im Arzthaftungsrecht

Prozessrisiko im Arzthaftungsrecht

Von Versicherungsjuristen (Weidinger, „Aus der Praxis der Haftpflichtversicherung für Ärzte und Krankenhäuser – Statistik neue Risiken und Qualitätsmanagement“, MedR 2006, S. 572) wird behauptet, dass der beklagte Arzt nur selten einen Arzthaftungsprozess verliert. Er legt folgende Zahlen für das Jahr 2005 vor:

-berufshaftpflichtversicherte Ärzte: 122.000

-Schadenmeldungen: 4.583

-Berechtigte Vorwürfe: 47%

-(nachgewiesen) unberechtigte Vorwürfe: 53%

-Anteil Schlichtungsverfahren: 34%

-außergerichtlich erledigt: 92%

-Zivilprozesse: 8%

-hiervon vom Arzt „verloren“: 6% (=0,48% aller Fälle)

Quelle: Weidinger, a. a. O., S. 572

Mit solchen Statistiken werden Patienten abgeschreckt, weil danach 99,52% aller Fälle verloren werden. Die Statistik stimmt nicht, weil in ihr nicht erklärt ist, was „verloren“ heißt. Nicht berücksichtigt sind all die Fälle, in denen der Patient zumindest teilweise Erfolg hat. Darüber hinaus ist die Statistik für Patienten auch deshalb abschreckend, weil sie nur die gerichtlichen Fälle erfasst. Weidinger räumt selbst ein, dass ein gerichtliches Verfahren nur aufgenommen wird, wenn es unvermeidbar ist. Die Masse der Fälle wird außergerichtlich erledigt. Das hängt damit zusammen, dass die Haftpflichtversicherungsgesellschaften kein Interesse daran haben, dass die Schmerzensgeldtabellen zu ihren Ungunsten und inflationär erweitert werden. Außergerichtliche Vergleiche finden keinen Eingang in diese Tabellen. Der Patientenanwalt sollte deshalb alles daran setzen, einen Arzthaftungsfall außergerichtlich zu erledigen.

Nach einer Statistik des Landgerichts Dortmund aus dem Jahre 2009 („Die Erfolgsaussichten von Klagen in Arzthaftungsprozessen anhand der Ergebnisse vor dem Landgericht Dortmund im Jahr 2009“, MedR 2010, S. 537 ff.) hatten die Patienten in 38% der eingeklagten Fälle zumindest teilweise Erfolg. 62% der Klagen wurden abgewiesen bzw. zurückgenommen. 88% der Urteile der Arzthaftungskammer des Landgerichts Dortmund hatten auch in der Berufung Bestand. 

Eigene Statistik:

Es zeigt sich, dass es sich lohnt, mit spezialisierten Anwälten zu arbeiten. Unsere Statistik weist Zahlen aus, die selbst im Vergleich mit den Zahlen des Landgerichts Dortmund umgekehrte Vorzeichen haben. Wir haben zuletzt einen Zeitraum vom 2000 bis 2010 ausgewertet, weil die danach aufgenommenen Verfahren im Wesentlichen noch nicht abgeschlossen sind. Bei den Klageverfahren, die bis 2010 vor Gericht abgeschlossen wurden, wurden 59,65% von den Mandanten teilweise oder ganz gewonnen, 40,35% verloren.

Amerikanische Verhältnisse bald auch in Deutschland?

Die in Deutschland gezahlten Schmerzensgelder sind in den letzten Jahren nicht angehoben worden. Hier ist eine Korrektur angebracht (vgl. hierzu: Ziegler/Ehl: „Bein ab – arm dran“, JR 2009 S. 1 ff). Bei mangelndem finanziellen Hintergrund – insbesondere ohne Rechtsschutzversicherung und Prozesskostenhilfe – können seit dem 01.07.2008 auch hierzulande erfolgsabhängige Honorare mit Anwälten vereinbart werden. Gerade bei Klagen gegen Ärzte und Krankenhäuser ist dies oft die einzige Möglichkeit, um zu seinem Recht zu kommen (vgl. hierzu Ziegler/Rektorschek „Trotz Hartz IV zum Erfolg“, Juristische Rundschau Heft 9/2009).

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