Nach dem neugefassten § 844 Abs. 3 BGB (vgl. BT- Drucksache 18/11615) stehen den Angehörigen des Verstorbenen i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB bei Fremdverschulden ebenfalls eigene Entschädigungsansprüche in Form von Hinterbliebenengeld zu. Diese sind von dem bisherigen Angehörigenschmerzensgeld für sogenannte „Schockschäden“ abzugrenzen und werden gegebenenfalls auf diese angerechnet.
Nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtssprechung (grundlegend: BGH, Urteil vom 11. Mai 1971 – VI ZR 78/70: BGH, Urteil vom 27.01.2015 – VI ZR 648/12 sowie BGH, Urteil vom 10.02.2014 – VI ZR 8/14) wurde der Verlust eines Angehörigen ausschließlich unter sehr strengen Voraussetzungen durch eine (Schmerzens-) Geldzahlung entschädigt. Hierfür musste inklusive der ebenfalls zu erfüllenden Anspruchsvoraussetzungen des § 823 Abs. 1 BGB eine tatsächliche Rechtsgutsverletzung des hinterbliebenden Angehörigen im Sinne dieser Vorschrift vorliegen. Die von dem Schutz des § 823 Abs. 1 BGB umfassten Rechtsgüter sind abschließend das Leben, die Gesundheit, die Freiheit das Eigentum oder ein sonstiges Recht. Insofern musste bisher die Verletzung eines solchen Rechtsgutes nachgewiesen werden um einen entsprechenden Entschädigungsanspruch für hinterbliebene Angehörige durchsetzen zu können.
Zwar kommt im Falle eines verstorbenen Angehörigen je nach Intensität der Trauer und des Verlustschmerzes eine Gesundheitsverletzung der Hinterbliebenen als betroffenes Rechtsgut in Betracht. Allerdings gelten psychische Beeinträchtigung nach ständiger Rechtsprechung erst dann als Gesundheitsverlung im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB, wenn sie pathologisch fassbar und und über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei Benachrichtigung oder Mitleben des Todes eines nahen Angehörigen üblicherweise im Rahmen „normaler Trauer“ ausgesetzt sind. Eine entsprechende ärztliche Bescheinigung ist erforderlich.
Die Neufassung des § 844 Abs. 3 BGB lautet:
,,(3) Der Ersatzpflichtige hat dem Hinterbliebenen, der zur Zeit der Verletzung zu dem Getöteten in einem besonderen persönlichen Näheverhältnis stand für das dem Hinterbliebenen zufügte seelische Leid eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten. Ein besonderes persönliches Näheverhältnis wird vermutet, wenn der Hinterbliebene der Ehegatte, der Lebenspartner, ein Elternteil oder ein Kind des Getöteten war.“
Damit ist seit Inkrafttreten der Vorschrift keine pathologische und ärztliche bestätigte Gesundheitsverletzung mehr erforderlich. Es genügt ,,seelisches Leid“ welches bei Angehörigen durch das ,,besondere persönliche Näheverhältnis“ indiziert wird und bereits bei ,,normaler Trauer und Verlustschmerz“ zum Entstehen des Anspruchs auf Entschädigungszahlung in Form von Hinterbliebenengeld führt.
Zudem handelt es sich bei den in der Vorschrift genannten Anspruchsberechtigten nicht um einen abschließend aufgezählten Personenkreis. Ausweislich der Gesetzesbegründung ist eine einzelfallabhängige Ausweitung der anspruchsberechtigen (vgl. BT-Drucksache 18/11615). Maßgeblich ist daher das individuelle ,,besondere persönliche Näheverhältnis“, so dass auch weitern Hinterbliebenen (wie Geschwistern, Partnern nicht eingetragener Lebensgemeinschaften Enkeln Großeltern, langjährigen besten Freunden, Familienmitgliedern aus Patchworkfamilien o.ä.) im Einzelfall und in Abhängigkeit des jeweiligen ,,Näheverhältnisses“ Entschädigungsanspruche zustehen.
Die Höhe des Hinterbliebenngeldes liegt im Ermessen des jeweiligen Gerichtes und ist abhängig von dem individuellen persönlichen Leid des im Einzelfall betroffenen Hinterbliebenen. Hinsichtlich der Angemessenheit der Entschädigungszahlung wird in der Gesetzesgründung jedoch auf Urteile verwiesen, die in der Größenordnung von bis zu 25.000,00 € liegen.